Fiktive Abrechnung – so können Sie sich einen Unfallschaden auszahlen lassen

Nach einem Verkehrsunfall stehen Autofahrer vor der Wahl, ob sie ihr Fahrzeug reparieren oder sich den Schaden per fiktiver Abrechnung auszahlen lassen. In welchen Fällen sich das lohnt und was Sie beim fiktiven Abrechnen beachten müssen, erfahren Sie hier.

Auf deutschen Straßen kracht es im Schnitt 2,7 Millionen mal pro Jahr. Und nach jedem Autounfall stellt man sich wohl als erstes einige bange Fragen: Was nun? Wie wird mein Fahrzeugschaden reguliert? Muss ich mein Auto überhaupt reparieren lassen? Und falls nicht: Bekomme ich eine finanzielle Entschädigung? Kurz gesagt: Ja, die bekommen Sie. Gut 35 Prozent der Unfallregulierungen werden mittels fiktiver Abrechnung abgerechnet. Das ist völlig legal, birgt aber einige Tücken.

Fiktive Abrechnung – FAQ

Einen Kostenvoranschlag ihrer Werkstatt oder besser noch ein Schadensgutachten eines Kfz-Sachverständigen.

Reparaturkosten, Nutzungsausfall, Wertminderung, Gutachter- sowie Anwaltskosten.

Ein Geschädigter hat Anspruch auf Schadensersatz, auch wenn er das Unfallfahrzeug selbst oder gar nicht repariert. Mittels einer fiktiven Abrechnung wird die Schadenshöhe reguliert.

Was ist fiktiv abrechnen?

Möchten Sie sich als Geschädigter den Unfallschaden auszahlen lassen, anstatt den Sachmangel reparieren zu lassen, spricht man von einer fiktiven (oder auch abstrakten) Abrechnung. Fiktiv deshalb, weil keine tatsächliche Reparaturrechnung bei der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers eingereicht wird, sondern ein durch ein Gutachten oder einen Kostenvoranschlag ermittelter Schätzwert über den entstandenen Schaden.

Rechtsprechung

Die Grundlage für diese Praxis der Abrechnung ergibt sich aus dem Paragrafen 249 BGB sowie einem Urteil des BGH aus 2017 (VI ZR 182/16, NJW 2017, 2183 Rn. 7 mwN). § 249 BGB umfasst den Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob er das Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt. Hier findet sich allerdings auch der Absatz, dass der Geschädigte im Rahmen des Zumutbaren den Schaden gering zu halten hat (Schadenminderungspflicht). Auch ein Sachverständigengutachten muss dieser Schadenminderungspflicht gerecht werden (BGH Urteil 2003, VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1 mwN).

Kfz Gutachter Institut Hamburg

Unfall gehabt – was nun? Reparieren oder fiktiv abrechnen?

In aller Regel führt der Weg nach einem Verkehrsunfall direkt in die Werkstatt des Vertrauens, um den Schaden schnellst- und bestmöglich beheben zu lassen. Falls beim Unfall nur ein kleiner Blech- oder Bagatellschaden entstanden ist oder wenn das Unfallfahrzeug schon älter ist, möchte der Fahrzeughalter die Sachmängel möglicherweise gar nicht reparieren lassen. Schadenersatz steht dem Geschädigten aber in jedem Fall zu. Hier kommt die fiktive Abrechnung ins Spiel.

Fiktive Abrechnung

Was heißt auf Gutachtenbasis abrechnen?

Der Vorteil einer abstrakten Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis, also anhand eines Schadengutachtens, ist, dass der Geschädigte bei der Versicherung des Schädigers nicht nachweisen muss, ob und wie er sein Fahrzeug hat reparieren lassen. Er stellt stattdessen die vom Gutachter kalkulierten Kosten für die Fachwerkstatt-Reparatur anhand der Stundenverrechnungssätze in Rechnung. Ob er dann nur einen Teil des Fahrzeugschadens oder auch gar nichts reparieren lässt, bleibt dem Geschädigten selbst überlassen.

Wer keinen großen Wert auf ein tipptopp gepflegtes Auto legt, weiß mit dem Schadenersatz sicher auch etwas anderes anzufangen – Verwendungsbeschränkungen für das ausgezahlte Geld gibt es nicht.

Was wird bei fiktiver Abrechnung abgezogen?

Bis vor wenigen Jahren wurde Unfallopfern tatsächlich der Betrag ausbezahlt, den die Reparatur ihres Fahrzeugs in einer Fachwerkstatt gekostet hätte. Inzwischen ist das meist nicht mehr so, der Geschädigte soll schließlich keinen Profit aus dem Unfall schlagen und unterliegt außerdem einer Schadenminderungspflicht. Ein Urteil des BGH (VI ZR 267/14) legte 2015 beispielsweise fest, dass bei verunfallten Autos, die älter als drei Jahre sind und die bis zu dem Unfall nicht scheckheftgepflegt waren, keine Stundensätze einer Markenwerkstatt ansetzbar sind, sondern die niedrigeren Stundensätze einer freien Werkstatt abzurechnen sind.

Wann fiktive Abrechnung?

Nun fragen Sie sich möglicherweise: Wann lohnt sich fiktives Abrechnen? Das hängt stark von den Umständen ab. Kurz gesagt: Dass man fiktiv abrechnet, lohnt sich nur, wenn das Auto keinen Totalschaden hat und wenn man den Wagen nach der Auszahlung keinesfalls in einer markengebundenen Werkstatt reparieren lassen möchte (denn dann müsste man die Mehrwertsteuer selbst bezahlen, siehe unten). Falls Sie Ihr Fahrzeug gar nicht oder privat reparieren lassen möchten, ist die finanzielle Entschädigung jedoch eine gute Alternative. Und auch wer das Geld zunächst anderweitig ausgeben und sein Auto möglicherweise erst später reparieren lassen möchte, kann die fiktive Schadensabrechnung nutzen.

Beispielrechnung fiktive Abrechnung

Die Versicherungsunternehmen berechnen den Haftpflichtschaden meist auf die sogenannte „Totalschadenbasis“. Das heißt, dass der Restwert des Fahrzeugs vom errechneten Wiederbeschaffungswert abgezogen wird.

Liegt der Wiederbeschaffungswert beispielsweise bei 11.000 Euro, der Restwert allerdings nur noch bei 4.000 Euro, würden Sie von der Versicherung 7.000 Euro erhalten – auch wenn die tatsächliche Schadenssumme höher ist. Die Anwalts- und Gutachterkosten übernimmt die gegnerische Versicherung ebenfalls. Das Auto könnte in diesem Beispiel also für 4.000 Euro verkauft oder unrepariert weitergenutzt werden. Bei einer Kfz-Neuanschaffung können auch noch die Ab- und Anmeldekosten bei der Versicherung geltend gemacht werden.

Wenn Sie Ihr Fahrzeug nach der ersten Zahlung selbst reparieren, haben Sie zusätzlich einen Anspruch auf die Differenz zur tatsächlichen Schadenshöhe. Die Reparatur muss durch Fotos oder ein Gutachten belegt werden. Wenn die Schadenshöhe im obigen Beispiel 8.000 Euro betragen hätte, stünden Ihnen also noch 1.000 Euro zu. Zusätzlich können Sie für die Zeit der Reparatur auch noch Nutzungsausfall geltend machen. Klingt kompliziert? Ist es für Laien tatsächlich auch. Es empfiehlt sich deshalb, einen Kfz-Sachverständigen wie dem Kfz Gutachter Institut in Hamburg hinzuzuziehen. Wir kennen alle Kniffe und Fallstricke um so das beste Ergebnis für Sie herausholen kann.

Fiktive Abrechnung: Gutachten oder Kostenvoranschlag?

Für eine erfolgreiche abstrakte Abrechnung ist es essenziell, die Schadenskosten bzw. die Höhe der Reparaturkosten möglichst genau zu berechnen. Bei kleinen Schäden (Bagatellschäden), genügt es in der Regel, den Kostenvoranschlag einer Werkstatt bei der Versicherung des Unfallgegners einzureichen. Bei größeren Schäden sollte jedoch unbedingt ein Sachverständigengutachten erstellt werden, denn alleine mit einem Kostenvoranschlag lassen sich weder Nutzungsausfall noch Wertminderung abrechnen. Sie müssen übrigens nicht mit dem von der gegnerischen Versicherung gestellten Gutachter vorlieb nehmen, das wäre unzumutbar. Sie haben als Geschädigter stets das Recht auf einen eigenen, unabhängigen Sachverständigen.

Diese Schadenspositionen werden Ihnen erstattet:

Nutzungsausfall

Nach einem Unfall haben Sie entweder Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug (wenn sie Ihr Auto tatsächlich reparieren lassen) oder auf Nutzungsausfall. Hier wird die Nutzungsausfallentschädigung anhand der Zeit berechnet, die eine hypothetische Reparatur dauern würde.

Anwaltskosten

Auch wenn Sie einen Anwalt zu Rate ziehen, um Ihre Ansprüche durchzusetzen, muss die gegnerische Versicherung dessen Anwaltsgebühren erstatten.

Wertminderung

Ist ein Wagen durch den Unfallschaden zu einem Unfallauto geworden ist ein sogenannter merkantiler Minderwert die Folge – man kann sein Auto nicht mehr zum selben Preis weiterverkaufen wie vor dem Unfall. Auch diese Differenz kann mittels einer fiktiven Abrechnung reguliert werden. Dies hat auch das Landgericht Regensburg explizit bestätigt (LG Regensburg, Az. 22 S 90/18, 2019).

Reparaturkosten

Die Reparaturkosten werden vom Gutachter anhand des Stundenlohns einer markengebundenen Werkstatt ermittelt.

Gutachterkosten

Auch das Honorar für ein Sachverständigengutachten muss der Geschädigte nicht selbst bezahlen – das Gutachten wird ebenfalls von der gegnerischen Haftpflichtversicherung übernommen.

Die fiktive Abrechnung und die Versicherung

Nun legen Versicherungen wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen keinen gesteigerten Wert darauf, mehr Geld als unbedingt nötig auszuzahlen. Gerade bei der abstrakten Abrechnung wird deshalb sehr viel und häufig über die Schadenshöhe und die Ersatzfähigkeit der angesetzten Beträge gestritten. Es ist deshalb sehr empfehlenswert, einen Kfz-Gutachter wie das Kfz Gutachter Institut Hamburg (info@kfzgutachterhamburg.com) oder einen Anwalt zu Rate zu ziehen, um seine Ansprüche auch wirklich in vollem Umfang geltend machen zu können.

Übrigens: Wir arbeiten mit spezialisierten Fachanwälten für Verkehrsrecht zusammen. Gerne stehen wir Ihnen mit unserem Netzwerk zur Seite.

Die Versicherung zahlt nicht

Nach zwei bis sechs Wochen kann das Geld von der Versicherung des Unfallgegners schon auf dem Konto des Geschädigten sein. Die konkrete Dauer der Schadensabwicklung hängt allerdings davon ab, ob die Schuldfrage klar ist, ob z.B. im Sommer besonders viele Unfälle zeitgleich zu bearbeiten sind oder ob es ein besonders hoher Schaden ist. Es kann aber durchaus vorkommen, dass die Versicherung sich weigert, eine fiktive Abrechnung nach Gutachten zu bezahlen – oder dass sie den Betrag zu kürzen versucht. Huk Coburg, VHV, Allianz und HDI verursachen die meisten Streitfälle und Verzögerungen bei der Schadensregulierung.

Hier versuchen Versicherungen zu kürzen

Typische Schadenspositionen, bei denen die Versicherer ihre Kosten zu senken versuchen, sind Arbeitslohn, Lackierkosten, Verbringungskosten, UPE-Aufschläge, Restwert oder Wertminderung.

Beim Arbeitslohn wird vom Gutachter der Stundenlohn einer Markenwerkstatt angesetzt, Versicherer verweisen dagegen gerne auf die die Schadenminderungspflicht und die Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt mit günstigeren Stundenverrechnungssätzen. Bei Autos, die nicht älter als 3 Jahre und scheckheftgepflegt sind, haben Sie jedoch Anspruch auf die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt.

Verbringungskosten fallen z.B. an, wenn Fahrzeugteile von der Werkstatt zur Lackiererei verbracht werden. Diese können – ebenso wie fiktive Lackierkosten – bei einer abstrakten Abrechnung angesetzt werden.

Auch bei den UPE-Aufschlägen ist die Rechtsprechung eindeutig: Diese von den Herstellern erhobenen Preisaufschläge auf die unverbindliche Preisempfehlung für Ersatzteile sind ersatzfähig, sofern diese in der Region des Geschädigten üblich sind.

Auch der Restwert und die Wertminderung des Unfallautos werden vom Gutachter der Versicherung häufig niedriger beziffert als von einem unabhängigen Kfz-Sachverständigen. Hier lohnt es sich in jedem Fall, einen qualifizierten Experten an der Seite zu haben.

Wann sind Kürzungen seitens der Versicherung ok?

Wenn das Unfallopfer versucht, seine fiktiven Kosten künstlich in die Höhe zu treiben, um mit dem lästigen Zusammenstoß wenigstens ordentlich Geld zu verdienen, haben die Versicherungsunternehmen das Recht zu kürzen. Der Geschädigte unterliegt der sogenannten Schadensminderungspflicht, das heißt, er muss alles Zumutbare dafür tun, die Schadensersatzkosten möglich niedrig zu halten. Das Bereicherungsverbot besagt, dass ein Geschädigter zwar einen angemessenen Ersatz für seinen Schaden bekommen muss, aber nichts an dem Unfall verdienen darf.

Achtung Mehrwertsteuer

Bis zum Jahr 2002 bekamen Unfallgeschädigte die Brutto-Reparaturkosten ausbezahlt. Inzwischen bekommen sie lediglich den Netto-Betrag, da bei einer fiktiven Reparatur ja auch keine Mehrwertsteuer in der Werkstatt anfällt. Wer nur einen Teil der Reparaturen durchführen lässt, erhält für die real anfallenden Kosten aber anteilig die Mehrwertsteuer erstattet. Anwalts- und Gutachtergebühren werden selbstverständlich inklusive Mehrwertsteuer gezahlt, da diese auch real anfällt.

Nutzungsausfall: Diese Entschädigung steht Ihnen ebenfalls zu

Wenn Ihr Auto nach einem Zusammenstoß nicht mehr fahrtauglich ist, muss die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers Sie dafür entschädigen, dass Sie Ihr Auto aufgrund des Sachschadens zeitweilig nicht nutzen können. Wenn Sie Ihr Fahrzeug reparieren lassen, haben Sie Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug oder auf eine Nutzungsausfallentschädigung. Diese kann auch fiktiv abgerechnet werden, dann wird der Nutzungsausfall anhand der Tage berechnet, die eine hypothetische Reparatur in der Regel dauern würde.

Die 6-Monats-Frist bei der fiktiven Abrechnung

Wenn Sie das Unfallauto verkaufen möchten, nachdem sie den Schaden fiktiv haben abrechnen lassen, müssen Sie eine Veräußerungsfrist von sechs Monaten beachten, in der Sie Ihr Fahrzeug noch selbst weiternutzen und notfalls fahrfähig machen oder es zumindest einfach in der Garage stehen lassen müssen. Verkaufen Sie Ihr Auto vor dieser Weiternutzungs-Frist, können Sie nur die tatsächlich angefallenen Kosten verlangen und nicht die fiktiven Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungwertes.

Fiktive Abrechnung beim Totalschaden

Wenn ihr Auto einen Totalschaden erlitten hat – also wenn die Reparaturkosten mehr als 130 Prozent des ermittelten Wiederbeschaffungswertes betragen – ist keine fiktive Abrechnung möglich, bzw. wird die Haftpflichtversicherung des Schädigers sich nicht darauf einlassen. Grundsätzlich gilt, dass der Wiederbeschaffungsaufwand nur dann in vollem Umfang abgerechnet werden kann, wenn er geringer ist als die Reparaturkosten. Im Fall eines Totalschaden muss die gegnerische Versicherung lediglich die Kosten für die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs abzüglich des errechneten Restwerts des Unfallwagens auszahlen.

Fazit

Die fiktive Abrechnung ist nach einem Unfall in vielen Fällen eine lohnende Alternative zur klassischen Werkstattreparatur. Allerdings gibt es zahlreiche Fallstricke, Ausnahmen und mögliche Streitpunkte mit den Versicherern wie die Schadensminderungspflicht oder ortsübliche Unterschiede. Deshalb empfiehlt sich als Unfallgeschädigter in jedem Fall, nicht auf eigene Faust fiktiv abrechnen zu wollen, sondern sich einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen wie das Kfz Gutachter Institut Hamburg (Telefon 040-60 59 08 54) zu suchen. Dieser wird mit seinem Schadengutachten und seiner Expertise für Sie das Beste aus dem Unfall herausholen. Sprechen Sie uns gerne jederzeit an!

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