Wurde Ihr Fahrzeug bei einem Autounfall beschädigt, zählt es fortan als Unfallfahrzeug. Weil sich das auf den Wiederverkaufswert auswirkt, steht Ihnen Schadenersatz für die Wertminderung zu. Hier ein Überblick über Ihre Rechte, die gängigsten Berechnungsmethoden – und die zahlreichen Fallstricke.
Wertminderung nach Unfall nur für Autos unter 5 Jahren?
Früher hieß die Faustregel: Wenn ein Fahrzeug mehr als 5 Jahre auf dem Buckel oder über 100.000 km auf dem Tacho hat, war es das mit der Wertminderung. Aber ist das heute auch noch so?
Fakt ist: Nach einem unverschuldeten Unfall haben Sie als Unfallopfer ein Recht auf Schadenersatz für alle unfallbedingten Kosten. Das bedeutet, die Versicherung des Unfallverursachers muss Sie gemäß § 249 Abs. 1 BGB so stellen wie vor dem Unfall (Naturalrestitution).
Für die Deckung sämtlicher Unfallkosten ist es jedoch mit dem Begleichen der Werkstattrechnung nicht getan. Zwar ist durch die Reparatur der Unfallschaden behoben, doch sollten Sie Ihr instandgesetztes Auto weiterverkaufen wollen, müssten Sie dieses fortan als Unfallfahrzeug deklarieren. Und Unfallautos bringen weniger Geld ein. Man spricht hier vom merkantilen Minderwert. Um diesen finanziellen Nachteil beim Wiederverkaufswert auszugleichen, gibt es das Konstrukt der Wertminderung.
Die Empfehlung des 13. Verkehrsgerichtstags von 1975, dass bei Fahrzeugen mit hoher Laufleistung oder einem Alter von mehr als 5 Jahren keine Wertminderung mehr anfällt (sondern durch die Reparaturen vielmehr eine Wertverbesserung zu erwarten ist), ist nach aktueller Rechtsprechung nicht mehr haltbar. Sonderfälle sind zum Beispiel Luxusfahrzeuge oder Autos mit Liebhaberwert. Und auch bei Schäden an Anbauteilen kann ein Anspruch auf Wertminderung gegeben sein. Es empfiehlt sich deshalb stets, einen Kfz-Sachverständigen einzuschalten (info@kfzgutachterhamburg.com). Dieser kennt die neuesten Gerichtsurteile und kann durch seinen Erfahrungsschatz den bestmöglichen Schadenersatz für Sie herausholen.
Häufige Fragen – schnelle Antworten
Die Haftpflichtversicherer weigern sich in vielen Fällen, eine Wertminderung zu erstatten. Dazu zählen vorrangig Schäden unterhalb der Bagatellgrenze (also bei einer Schadenshöhe von weniger als etwas 1.000 Euro) sowie Schäden an Fahrzeugen, die älter als 5 Jahre sind oder mehr als 100.000 km Laufleistung vorweisen. Ausgeschlossen ist ein Ausgleich der Wertminderung jedoch keineswegs – es kommt immer auf den konkreten Sonderfall an.
Bei einem unverschuldeten Unfall ist die Haftpflicht des Schädigers verpflichtet, Ihnen den durch einen verminderten Wiederverkaufspreis entstandenen Wertverlust zu erstatten. Selbstverständlich gilt diese Verpflichtung auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung. Nicht davon betroffen sind Teil- und Vollkasko-Fälle.
Für den Wertverlust gibt es eine Vielzahl an Berechnungsmethoden, die alle unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Der BGH favorisiert die Methode nach Ruhkopf / Sahm, andere Gerichte haben keine so eindeutige Linie. Dies führt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Versicherern und den Geschädigten.
Ihren Anspruch auf Erstattung der Wertminderung müssen Sie bei der gegnerischen Versicherung einfordern – denn diese Schadensposition wird gerne unter den Tisch fallen gelassen. Mit einem unabhängigen Sachverständigengutachten gehen Sie auf Nummer sicher. Hierin werden alle Ihre Schadenersatzansprüche zuverlässig aufgeführt – von der Schadenshöhe über den Wiederbeschaffungswert und die Ausfallzeit bis zur Nutzungsausfallentschädigung.
Technische und merkantile Wertminderung
Im Versicherungsrecht tauchen häufig die Begriffe technischer und merkantiler Minderwert auf. Doch was ist eigentlich genau der Unterschied?
Kurz gesagt: Wenn ein Unfallfahrzeug trotz fachgerechter Reparaturen nicht auf den gleichen technischen Stand gebracht werden kann, den es vor dem Unfall hatte, spricht man von einer technischen Wertminderung. Doch auch wenn der Wagen nach dem Werkstattbesuch instandgesetzt ist und wieder eine einwandfreie Gebrauchsfähigkeit hat, muss er fortan als Unfallauto deklariert werden. Dies senkt den Veräußerungswert erheblich – ein merkantiler Minderwert ist entstanden.
Wie wird die Wertminderung nach einem Unfall ermittelt?
Es gibt zahlreiche Berechnungsmodelle für den merkantilen Minderwert, die je nach Schwerpunktsetzung zu völlig unterschiedlichen Wertminderungssummen kommen. Diese Ausgangslage bildet den Nährboden für eine Vielzahl an Streitigkeiten zwischen Haftpflichtversicherern und Unfallgeschädigten. Denn auch in der Rechtsprechung gibt es keine eindeutige Priorisierung einer der Berechnungs-Methoden.
Was ist für die Zahlung einer Wertminderung maßgebend?
Auch wenn die Methoden und ihre Berechnungsformeln sehr verschieden sind, beziehen sie sich doch alle auf einige essenzielle Faktoren.
Diese sind:
- Betriebsjahre / Zulassungsjahr
- Laufleistung
- Anzahl der Vorbesitzer
- Ausstattung
- Zustand vor dem Unfall / Vorschäden / Mängel
- Listenpreis
- aktueller Fahrzeugwert auf dem Gebrauchtwagenmarkt
- Wiederbeschaffungswert
Wie hoch ist die Wertminderung nach einem Unfall?
Über den Daumen gepeilt lässt sich die Wertminderung eines Unfallautos prozentual über die Betriebsjahre herleiten: Im ersten Zulassungsjahr ist der Minderwert 25 Prozent, im zweiten Jahr 20 Prozent, im dritten Jahr 15 Prozent und im vierten liegt die Prozentquote noch bei 10 Prozent. Diese Werte sind aber fraglos äußerst ungenau.
Ihr Kfz-Gutachter (040 – 60 59 08 54) kennt die gängigen Rechenmodelle und die aktuelle Rechtsprechung und kann für Sie die exakte Höhe der zu erwartenden Wertminderung beziffern.
Wie berechnet sich die Wertminderung?
Der Wertverlust eines Unfallfahrzeugs lässt sich auf verschiedene Art errechnen. Ein großer Teil der Gerichte (allen voran der BGH) zieht die Berechnungstabelle nach Ruhkopf / Sahm zu Rate. Doch es gibt noch viele weitere Rechenmodelle, die hier kurz erläutert werden sollen:
Ruhkopf / Sahm
Die Methode nach Ruhkopf / Sahm aus dem Jahr 1962 setzt den Zeitwert, die Reparaturkosten, den Neupreis und das Alter des Fahrzeugs in Monaten ins Verhältnis.
Beispielrechnung: Wenn der Zeitwert eines 2 Jahre alten Unfallwagens 22.000 Euro beträgt und die Reparaturkosten bei 11.000 Euro liegen, ergibt sich laut der Tabelle von Ruhkopf / Sahm ein Faktor F von 5.
Mit der Formel Minderwert = (Zeitwert + Reparaturkosten) x Faktor F / 100 ergibt sich eine Wertminderung in Höhe von 1.650 Euro.
Halbgewachs
Die Halbgewachs-Formel basiert auf einer DEKRA-Methode aus dem Jahr 1964 und nutzt als Faktoren die Reparaturkosten samt Lohn- und Materialkosten, den Neupreis, das Alter des Fahrzeugs in Monaten sowie den Veräußerungswert vor dem Unfall.
Bremer Formel
Für das Bremer Modell werden lediglich das Fahrzeugalter sowie die Netto-Reparaturkosten herangezogen.
Hamburger Modell
Das OLG Hamburg hat eine eigene Berechnungsmethode entwickelt. Sie beinhaltet als Variablen die Richtarbeiten, Karosseriearbeiten und Gesamtreparaturkosten sowie eine Prozentquote, die vom Kilometerstand des Unfallauto abhängt.
BVSK-Modell
Aus dem Jahr 2003 stammt die Berechnungsformel des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kfz-Wesen e.V. (BVSK). Sie beruft sich auf folgende Faktoren: vorherige Unfallschäden, Marktgängigkeit / Marktsituation, Wiederbeschaffungswert und Schadensintensität.
Marktrelevanz- und Faktorenmethode
Zudem sei auch die Marktrelevanz- und Faktorenmethode (MFM) von Zeisberg erwähnt. Diese bezieht eine Vielzahl an Parametern ein: den Neupreis, den Veräußerungswert, die Reparaturkosten, den Schadensumfang, die Alterskorrektur, Vorschäden sowie Marktgängigkeit angesichts der aktuellen Marktsituation.
Noelke Noelke
Die Formel von Noelke Noelke bezieht sich auf die Tabelle von Halbgewachs, gilt jedoch heute als veraltet und kommt kaum mehr zum Einsatz.
Wertminderung nach Unfall: Wer bekommt das Geld?
Grundsätzlich steht die Wertminderung nach einem Verkehrsunfall dem Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs zu. Diesem ist das Unfallauto schließlich rechtlich zugeordnet. Doch nicht jedes Auto ist bereits abbezahlt. Und wie ist das eigentlich, wenn ich mein Fahrzeug geleast habe?
Wertminderung bei Leasingfahrzeug oder finanziertem Auto
Wenn Sie mit einem Leasingfahrzeug in einen Unfall verwickelt wurden, sollten Sie sofort den Leasinggeber informieren. In der Regel ist im Leasingvertrag festgelegt, wie die Abläufe nach einem Unfall sind. Die Wertminderung steht grundsätzlich dem Leasinggeber zu, denn dieser ist weiterhin der Eigentümer des Wagens.
Bei einem finanzierten Auto ist die Lage ähnlich. Häufig steht zunächst der finanzierenden Bank die Wertminderung zu. Da diese aber auf den Restfinanzierungsbetrag angerechnet wird, kommt sie schlussendlich dennoch bei Ihnen an. Möglicherweise kann die Wertminderung deshalb doch direkt an Sie ausbezahlt werden – fragen Sie am besten einfach mal bei Ihrer Bank nach.
Wertminderung nach Unfall: Wer zahlt?
Grundsätzlich gilt, dass die an einem Unfallauto entstandene Wertminderung von der Haftpflicht des Schädigers zu erstatten ist. Wenn die Schuldfrage eindeutig geklärt ist, ist also alles ganz einfach. Bei komplizierten Unfällen oder Teilschuld kann sich die Schadensregulierung (und damit die Auszahlung) aber zum Beispiel länger hinziehen.
Ein Unfallgutachten eines erfahrenen Sachverständigen (info@kfzgutachterhamburg.com) kann erheblich zur Aufklärung des Unfallhergangs beitragen. Bei unklarer Schuldfrage oder drohenden Streitigkeiten ist es deshalb immer empfehlenswert, noch am Unfallort einen Gutachter hinzuzuziehen.
Wann und wie wird die Wertminderung ausbezahlt?
Die errechnete Schadenersatzsumme inklusive der Erstattung des merkantilen Minderwerts wird an den Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs ausgezahlt. In der Regel als Auszahlung auf die genannte Bankverbindung oder per Verrechnungsscheck. Wie lange es vom Unfall bis zur Auszahlung dauert, ist je nach Gemengelage und Versicherung sehr unterschiedlich. Hier lässt sich keine konkrete Zeitangabe machen.
Gut zu wissen: Die merkantile Wertminderung kann auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung geltend gemacht werden. Also dann, wenn Sie Ihr Unfallauto nicht reparieren lassen möchten und sich den Schadenersatz lieber auszahlen lassen.
Was ist zu beachten? Wertminderung bei einem Neuwagen
Wenn Sie mit Ihrem brandneuen Gefährt unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, ist nicht nur der Frust sehr groß. Es stellt sich auch die Frage, ob und wie man Wertminderung geltend machen kann. Unter bestimmten Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil 2009 (Urt.-Az. VI ZR 110/08) festgelegt hat, können Sie die Erstattung des Neupreises einfordern:
- Der PKW darf noch nicht mehr als 1.000 km auf dem Tacho haben
- Das Auto darf noch nicht länger als 1 Monat zugelassen sein
- Der Unfallschaden muss erheblich sein
- Und Sie müssen sich von der Erstattungssumme nachweislich ein neues Auto kaufen – eine fiktive Abrechnung ist nicht möglich.
Wann gibt es keine Wertminderung?
Bei einem Totalschaden hat der Geschädigte in aller Regel keinen Anspruch auf Wertminderung. In diesem Fall erhalten Sie die Differenz aus dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert des Unfallfahrzeugs.
Auch bei Fahrzeugen, die entweder mehr als 5 Jahre alt sind oder eine Laufleistung von mehr als 100.000 Kilometern vorweisen, wird es voraussichtlich Probleme geben, einen geminderten Wiederverkaufspreis bei der gegnerischen Versicherung geltend zu machen.
Ausgeschlossen ist es jedoch keineswegs – bei einem 6 Jahre alten Sportwagen mit Liebhaberwert oder einem stets gepflegten Oldtimer mit 120.000 Kilometern auf dem Tacho gibt es sicher Verhandlungsspielraum.
Wertminderung auch bei Bagatellschäden?
Eine kleine Delle, ein zerknautschter Kotflügel – solche Blechschäden mit Reparatursummen unter etwa 1.000 Euro sind in aller Regel ein Ausschlusskriterium für eine Wertminderung. Schließlich muss man bei einem eventuellen Wiederverkauf Bagatellschäden nicht offenlegen.
Doch ist das immer so? Nein, das hat beispielsweise das Amtsgericht Bühl 2007 in einem Urteil (Az. 3 C 171/06) festgelegt. Bei sehr teuren Luxusfahrzeugen ist eine Wertminderung auch dann gegeben, wenn die Reparaturkosten unter 10 Prozent des Wiederbeschaffungswertes liegen. Denn potenzielle Käufer von Luxuskarossen oder Modellen mit Liebhaberwert legten großen Wert auf Unversehrtheit und Makellosigkeit ihrer Fahrzeuge.
Man sollte also auch bei Bagatellschäden niemals nie sagen, wenn es um die Wertminderung geht.
Versicherung kürzt Wertminderung
Es kann durchaus vorkommen, dass die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung die Wertminderung nicht zahlen möchte oder die Erstattungssumme mit Verweis auf eine andere Berechnungsmethode kürzt. Typische Fälle für Kürzungsversuche sind Bagatellschäden oder Schäden an Fahrzeugen, die älter als 5 Jahre oder mehr als 100.000 Kilometer gefahren sind. Doch solche starren Grenzen sind in Zeiten von immer haltbareren Autos nicht mehr zeitgemäß, was zahlreiche Urteile belegen.
Feststellung des Wertverlusts durch einen Kfz-Gutachter
Mit einem Sachverständigengutachten sind Sie beim Einfordern des merkantilen Minderwerts für Ihren Unfallwagen auf der sicheren Seite. Auch gegen eventuelle Kürzungsversuche der Versicherung des Schädigers sind Sie damit gut gewappnet. Denn viele Gerichte werten ein Sachverständigengutachten als korrektes Indiz für die Bezifferung der Wertminderung – und würden nicht mal ein eigenes Schadensgutachten einholen.
Fazit
Da die Wertminderung eines Unfallfahrzeugs ein rein fiktiver Wert ist, kommt es im Rahmen der Schadensregulierung immer wieder zu Streitigkeiten über die Berechnung. Die Rechtsprechung hilft auch nur bedingt weiter, denn es gibt unterschiedliche Formeln zur Berechnung des verringerten Wiederverkaufswerts. Für Laien ist dieses Zahlendickicht kaum zu durchdringen. Bei einem unverschuldeten Unfall ist es deshalb stets empfehlenswert, sich von einem neutralen und erfahrenen Kfz-Gutachter beraten zu lassen.
Rufen Sie uns jederzeit an (040 – 60 59 08 54), wir helfen Ihnen gerne bei der Ermittlung Ihrer Ansprüche!